WCAG und CMS / Wie wählt man ein Content-Management-System, das barrierefrei ist?

Digitale Barrierefreiheit ist seit einigen Jahren kein Thema mehr, das ausschließlich öffentlichen Institutionen vorbehalten ist. In Zeiten der Digitalisierung und des dynamischen Wachstums des E-Commerce entwickelt sie sich vielmehr zu einem der wichtigsten Kriterien für den Aufbau von Wettbewerbsvorteilen. Die WCAG-Standards definieren die Prinzipien für die Gestaltung und Veröffentlichung von Inhalten, sodass sie für alle Nutzer zugänglich sind. Im Online-Business stellt sich daher die fundamentale Frage: Welches Content-Management-System (CMS) soll man wählen, um die Einhaltung der WCAG sicherzustellen?

WCAG und CMS – warum wird Barrierefreiheit zum Schlüsselthema?

Das Herzstück jeder Website ist das CMS. Von seinen Funktionen hängt ab, ob Administratoren Inhalte einfach nach Barrierefreiheitsstandards erstellen können. Die Richtlinien WCAG 2.1 und neuerdings auch WCAG 2.2 präzisieren Anforderungen u. a. in Bezug auf die Überschriftenstruktur, den ausreichenden Farbkontrast, Alternativtexte für Bilder, barrierefreie Formulare sowie die Bedienbarkeit einer Website mit alternativen Eingabegeräten. Unterstützt ein CMS diese Funktionen nicht, erfordert die Umsetzung von Barrierefreiheit zusätzliche Investitionen und Integrationen.

Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) sind ein internationaler Standard, der festlegt, wie barrierefreie Websites gestaltet und implementiert werden sollen. Digitale Barrierefreiheit bedeutet, dass Inhalte für alle zugänglich sind – auch für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen. Praktisch heißt das: Die Website muss lesbar, intuitiv, semantisch korrekt in HTML aufgebaut und auch mit Screenreadern oder nur mit der Tastatur bedienbar sein. Dies ist nicht nur Best Practice, sondern auch eine rechtliche Verpflichtung.

In Polen und der gesamten Europäischen Union gelten Vorschriften, die öffentliche Institutionen – und ab 2025 auch private Unternehmen – zur Einhaltung der WCAG verpflichten.

Mit Inkrafttreten des European Accessibility Act am 28. Juni 2025 wird die Verpflichtung auf den Privatsektor ausgeweitet. Unternehmen aus den Bereichen E-Commerce, Banken, Telekommunikation oder Transport müssen die Mindeststandards WCAG 2.2 erfüllen, damit ihre Services für alle zugänglich sind. Barrierefreiheit ist damit nicht nur eine ethische, sondern auch eine rechtliche und geschäftliche Notwendigkeit.

Traditionelles CMS vs. Headless CMS

Auf dem Markt dominieren nach wie vor klassische Systeme wie WordPress, Joomla oder Drupal. Ihr Vorteil: große Communitys und zahlreiche Plugins, die die WCAG-Compliance unterstützen. Der Nachteil: begrenzte Kontrolle über den Code und die Semantik der Inhalte. Viel hängt von der Qualität des Templates ab – Barrierefreiheit bleibt oft ein Kompromiss zwischen Systemmöglichkeiten und WCAG-Auditanforderungen.

Eine Alternative ist das immer populärere Headless-CMS-Modell. Hier ist das Backend von der Präsentationsschicht (Frontend) getrennt. Das CMS dient als Content-Repository, während die Darstellung durch moderne Frameworks wie React, Next.js oder Vue individuell entwickelt wird. Für die Barrierefreiheit bedeutet das maximale Flexibilität: Das Frontend kann von Beginn an WCAG-konform programmiert werden, ohne Einschränkungen durch Templates. Headless CMS passt damit perfekt zum Trend des Composable Commerce – ein modulares, austauschbares Technologiekonzept, das laut Gartner bei Unternehmen auf immer größeres Interesse stößt. 

Wie wählt man ein WCAG-konformes CMS?

Die Entscheidung für ein Headless CMS löst nicht automatisch alle Probleme. Entscheidend ist die konkrete Umsetzung der Präsentationsschicht.
Zu prüfen sind:

  • Erzwingt der Editor Alternativtexte für Bilder?
  • Sind Formulare mit ARIA-Labels versehen?
  • Wird eine korrekte Überschriftenhierarchie generiert?

Bei traditionellen CMS unterstützen Plugins und Audit-Tools. Im Headless-Ansatz liegt die Verantwortung vollständig beim Entwicklerteam – ein Vorteil in der Flexibilität, aber auch ein höheres Maß an Verantwortlichkeit.

Replatforming: CMS-Migration mit Blick auf Barrierefreiheit

Ein Replatforming sollte auf einer klaren Business-Analyse basieren. Das neue CMS muss Alternativtexte, Kontraste, Überschriftenstrukturen und barrierefreie Komponenten unterstützen. Zudem muss es skalierbar und flexibel sein, da Barrierefreiheit unabhängig von Anzahl der Websites oder Märkte gewährleistet werden muss.

Die Dauer einer Migration hängt von der Komplexität ab – von wenigen Wochen bis zu mehreren Monaten. Durch ein schrittweises Vorgehen (paralleler Betrieb des alten und des neuen Systems) können Ausfälle vermieden, Tests kontinuierlich durchgeführt und die Business-Kontinuität gesichert werden. 

Headless CMS und die Zukunft der Barrierefreiheit

Headless CMS trennt Content von Präsentation und ermöglicht barrierefreie Ausspielung über verschiedene Kanäle – Websites, Apps, Marktplätze. Inhalte werden einmal erstellt und in allen Kanälen WCAG-konform bereitgestellt. Änderungen im Frontend sind so einfacher, ohne die Content-Basis zu gefährden.

Da über ein Viertel der Konsumenten Kaufprozesse abbricht, wenn sie zu komplex sind (Adyen Index: Retail Report 2025), wird Barrierefreiheit zum Conversion-Treiber.

WCAG und SEO – warum Barrierefreiheit die Sichtbarkeit erhöht

  • Semantik & Überschriften: Strukturierte H1–H6 verbessern sowohl Screenreader-Nutzung als auch Google-Indexierung.
  • Alt-Texte: Pflicht nach WCAG, stärken zudem Google-Images-Traffic.
  • Kontrast & Lesbarkeit: Reduzieren Bounce Rates, steigern Nutzerzufriedenheit und Rankings.
  • Responsivität & Ladezeiten: Gefordert durch WCAG, Mobile First und Core Web Vitals.
  • Navigation & interne Links: Klar und konsistent für Nutzer und Crawler.

Barrierefreie Seiten sind schneller, stabiler und nutzerfreundlicher – und performen besser im Ranking. WCAG-Compliance ist damit nicht nur gesetzliche Pflicht, sondern auch SEO-Strategie.

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